AWO fordert echte Lösungen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen
Berlin, 25.11.2024. Der 25. November ist der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Laut kürzlich veröffentlichten Zahlen des BKA aus dem Jahr 2023 werden jeden Tag mindestens zwei bis drei Tötungsversuche gegen Frauen allein in Deutschland unternommen. 360 Frauen und Mädchen sind 2023 Opfer von vollendeten Taten geworden, davon wurden 155 Frauen durch Partner, Ehemänner und Ex-Partner getötet. Angesichts dieser Zahlen fordert die AWO alle politischen Entscheidungsträger*innen zu einem entschlossenen Handeln auf, um häusliche und geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen wirksam zu bekämpfen und ein Gewalthilfegesetz endlich zu verabschieden.
Dazu kommentiert AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner: „Jeden Tag werden rund 500 Frauen und Mädchen Opfer von Delikten häuslicher Gewalt. Jeden Tag werden mehr als 140 Frauen und Mädchen Opfer von Sexualstraftaten. Um diese Gewalt zu stoppen müssen Schutz, Beratung und Intervention gestärkt werden. Mit dem vorliegenden Gewalthilfegesetz soll die vielerorts prekäre finanzielle Situation von Schutzeinrichtungen, spezifischen Fachberatungs- und Interventionsstellen sowie die Arbeit mit Tätern endlich bundesweit verbessert werden. Diese Zahlen und die dahinterstehenden Schicksale sind nicht hinnehmbar.“
Mit dem Gesetz sollen ebenfalls entscheidende Anforderungen aus dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt und der EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt erfüllt werden. „Deutschland ist in der Pflicht, seinen gesetzlichen und menschenrechtlichen Verpflichtungen dringend nachzukommen. Wir mahnen alle demokratischen Fraktionen dringend zur Eile an, einen entsprechenden Gesetzesentwurf zu verabschieden,“ so Sonnenholzner abschließend.
Steigende Zahlen von Gewalt gegen Frauen stoppen!
AWO zum Bundeslagebild Gewalt gegen Frauen: Steigende Zahlen von Gewalt gegen Frauen stoppen!
Berlin, den 19.11.2024. Das heute von Bundesfamilienministerium und Bundeskriminalamt vorgestellte Bundeslagebild „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten“ zeigt einmal mehr das immense Ausmaß von Gewalt gegen Frauen. Dazu erklärt Claudia Mandrysch, Vorständin des AWO Bundesverbandes:
„Die Rechte von gewaltbetroffenen Frauen müssen endlich mit einem Recht auf Schutz und Beratung gestärkt werden. Es braucht wirksame Prävention, ungehinderten Schutz und fachliche Beratung. Als Arbeiterwohlfahrt fordern wir den Bundestag auf, noch in dieser Legislaturperiode ein immer wieder auf die lange Bank geschobenes Gewalthilfegesetz endlich umzusetzen. Es muss auch die Finanzierung von Schutzeinrichtungen und Fachberatungsstellen auf solide finanzielle Füße stellen. Schutz vor Bedrohung und Gewalt sowie Beratung müssen kostenfrei, zu jeder Zeit und ohne bürokratische Hürden überall in Deutschland erreichbar sein.“
Mehr als 52.000 weibliche Opfer von Sexualstraftaten, mehr als 180.000 weibliche Opfer von häuslicher Gewalt und mehr als 17.000 weibliche Opfer von digitaler Gewalt sind das erschreckende Ergebnis der Datenerhebung für 2023. 938 Frauen und Mädchen wurden Opfer eines versuchten Femizides, d. h. eines Tötungsdeliktes, weil sie Frauen sind; 360 Tötungen wurden vollzogen. Die Täter sind geleitet von einer Vorstellung von Ungleichwertigkeiten, patriarchalen Denkmustern und Strukturen, Dominanz- und Überlegenheitsansprüchen. In allen Deliktgruppen sind seit Jahren steigende Zahlen zu verzeichnen. Das Dunkelfeld wird als sehr viel umfassender eingeschätzt, da viele Straftaten nicht zur Anzeige gebracht werden – aus Scham, aus Sorge vor weiterer Eskalation, fehlendem Vertrauen in Polizei und Justiz oder wegen gemeinsamer Kinder.
„Die finanzielle Situation in vielen Frauenhäusern, Fachberatungsstellen für häusliche und geschlechtsspezifische Gewalt oder Interventionsstellen ist seit Jahren vielerorts prekär. Auch die Arbeiterwohlfahrt musste bereits zwei Frauenhäuser im ländlichen Raum schließen, weil eine kostendeckende Refinanzierung fehlt. Das geht zulasten von gewaltbetroffenen Frauen und ihren Kindern. Dieser unhaltbare Zustand muss jetzt beendet werden, um die steigenden Gewaltzahlen entschieden stoppen zu können“, so Mandrysch abschließend.
AWO begrüßt fraktionsübergreifenden Antrag zur Neuregelung von Schwangerschaftsabbrüchen
Berlin, 15.11.2024. Noch in dieser Legislaturperiode könnte der Bundestag die dringend notwendige Neuregelung von Schwangerschaftsabbrüchen auf den Weg bringen. Ein entsprechender Antrag soll noch im Dezember beraten und ein Gesetzesentwurf noch vor Februar beschlossen werden. Dazu kommentiert AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner:
„Es ist ein gutes Zeichen, dass wir die Chance haben, noch vor dem Ende der Legislaturperiode den Schwangerschaftsabbruch in Deutschland außerhalb des Strafrechts zu regeln. Für Betroffene stellt der vorliegende Gesetzesentwurf eine direkte Erleichterung dar: Ein selbstbestimmter Schwangerschaftsabbruch in der Frühphase der Schwangerschaft ist rechtlich endlich keine Grauzone mehr, der Wegfall der dreitägigen Wartefrist nach einer Beratung und die Kostenübernahme durch die Krankenkassen sind erste wichtige Antworten auf die derzeitigen diskriminierenden und stigmatisierenden Gesetzesvorgaben.“
Dennoch mahnt die AWO an, dass der Gesetzesentwurf weit hinter dem zurückbleibt, was von Expert*innen empfohlen und aus breiten Bündnissen aus der Zivilgesellschaft gefordert wird. Auch aus internationaler medizinischer und menschenrechtlicher Perspektive gebe es für Deutschland noch mehr Handlungsbedarf. „Die AWO spricht sich explizit gegen eine Fristen- und Indikationsregelung aus und betont, dass Beratung freiwillig und bedarfsgerecht als soziale Dienstleitung sichergestellt werden muss,“ so Kathrin Sonnenholzner. „Dennoch begrüßen wir den vorliegenden Antrag und appellieren fraktionsübergreifend an alle Mitglieder der demokratischen Parteien des Deutschen Bundestages, den Weg für eine außerstrafgesetzliche Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen frei zu machen.“
AWO sieht lange Liste an offenen Aufgaben für den Rest der Legislaturperiode
Berlin, den 13.11.2024. Am 23. Februar 2025 soll ein neuer Bundestag gewählt werden. Aus Sicht der Arbeiterwohlfahrt (AWO) haben die demokratischen Fraktionen und Gruppen bis dahin noch einiges auf ihrer “To-Do-Liste" für den sozialen Zusammenhalt. Die vorgezogenen Neuwahlen zum Deutschen Bundestag gefährden die Umsetzung wichtiger Vorhaben der aktuellen Bundesregierung.
„Das Ende der Koalition ist nicht das Ende der Welt – diesen Satz sollten sich alle demokratischen Kräfte zu Herzen nehmen. Denn wichtige Weichenstellungen für den Sozialstaat können nicht auf eine neue Regierung warten – dazu zählen unter anderem das vom Kabinett beschlossene Rentenpaket und das im Koalitionsvertrag vereinbarte soziale Klimageld“, erklärt dazu AWO-Präsident Michael Groß.
In vielen Bereichen lagen Entwürfe für notwendige Reformen auf dem Tisch – oder waren aufgrund von europarechtlichen Änderungen sogar verpflichtend auf der Tagesordnung:
Familien warten auf die Erhöhung des Sofortzuschlags um fünf Euro und die Anhebung des Grundfreibetrags, soziale Träger hatten fest mit einem Gesetz für eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe gerechnet. Im Bereich Gewaltschutz steht die Verabschiedung des im Kabinett bereits beschlossenen Gesetzes zum Schutz vor sexualisierter Gewalt gegen Kinder aus; auch für ein Gewalthilfegesetz zum Schutz vor geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt liegt ein Entwurf vor.
„Auch ein Beschluss zur bundeseinheitlichen Pflegefachassistenzausbildung hat bereits das Kabinett passiert. Er muss noch in diesem Jahr fallen, damit die neue Ausbildungsform wie geplant 2027 an den Start gehen kann“, so AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner.
Harte Fristen nahen auch bei zwei EU-Regelungen, die Deutschland umsetzen muss: Die Verordnung zum neuen Europäischen Asylsystem muss mit einem Anpassungsgesetz so gestaltet werden, dass wesentliche Spielräume für eine humane Fluchtpolitik bestehen. Der aktuelle Entwurf lässt hier zwar noch zu wünschen übrig, würde aber immerhin einige zentrale Haltelinien sichern, wie bspw. das Recht auf eine behördenunabhängige Asylverfahrensberatung. Auch bei der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung drängt die Zeit: Wird diese nicht bis Ende November umgesetzt, droht Deutschland eine Vertragsverletzungsklage.
Und auch bei weniger prominenten Themen besteht Handlungsbedarf: Zuletzt hatte die Bundesregierung signalisiert, mit dem Vergabetransformationspaket wichtige Bürokratieerleichterungen, u.a. für Empfänger*innen öffentlicher Zuwendungen auf den Weg zu bringen. Dieser Ansatz muss zügig und entschlossen weiterverfolgt werden.
32.000 Menschen protestieren in Düsseldorf gegen soziale Kürzungen
Düsseldorf, 13.11.2024. Rund 32.000 Menschen haben sich heute auf den Oberkasseler Rheinwiesen zur Kundgebung „NRW bleib sozial!“ versammelt, um ein Zeichen gegen die geplanten Kürzungen von rund 83 Millionen Euro im sozialen Bereich zu setzen. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW hatte zur Veranstaltung aufgerufen, um auf die dramatischen Folgen dieser Kürzungen für die soziale Infrastruktur und die Arbeit der Freien Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen aufmerksam zu machen.
Hartmut Krabs-Höhler, Vorsitzender der Freiwohlfahrtspflege NRW, fand in seiner Rede deutliche Worte: „Gute Politik hängt von den richtigen Entscheidungen ab – und diese Entscheidungen brauchen wir jetzt! Wenn Angebote für Kinder, Familien, Senior*innen, Migrant*innen und Menschen mit Behinderung gestrichen werden, leidet das soziale Gefüge, das unser NRW so stark macht.“ Er ergänzte: „Nordrhein-Westfalen lebt von seiner Vielfalt, seinem Miteinander und seiner Solidarität. Doch die geplanten Kürzungen gefährden genau diese Grundpfeiler. Wir fordern die Landesregierung auf, den Menschen zuzuhören und gemeinsame Lösungen zu finden, die nicht auf dem Rücken derer ausgetragen werden, die auf unsere Hilfe angewiesen sind.“ Die Kundgebung der Freiwohlfahrtspflege NRW bot ein vielfältiges Programm, das die dringende Notwendigkeit eines stabilen sozialen Netzes in Nordrhein-Westfalen betonte. In mehreren Themenblöcken präsentierten Vertreter*innen aus der Praxis die konkreten Auswirkungen der Kürzungen auf ihre Arbeit und die Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind. Zu den anwesenden politischen Akteuren zählten unter anderem Minister Karl-Josef Laumann (Arbeit, Gesundheit und Soziales) und Ministerin Josefine Paul (Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht, Integration) sowie Fraktionsvorsitzende des NRW-Landtages. Hintergrund: Der Haushaltsentwurf 2025 sieht erhebliche finanzielle Kürzungen in sozialen Dienstleistungen vor, die eine drastische Einschränkung zahlreicher Programme und Projekte zur Folge haben werden. Zu den am stärksten betroffenen Bereichen zählen soziale Beratungen, Familienhilfen, Angebote zur Förderung von Integration und Beratung für Geflüchtete, Altenhilfe sowie Suchthilfe. In einer Stellungnahme zur Haushaltsanhörung hatte die Freie Wohlfahrtspflege NRW bereits davor gewarnt, dass diese Einschnitte den sozialen Zusammenhalt gefährden und den Zugang zu essenziellen Dienstleistungen erschweren könnten. Angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten und wachsenden sozialen Herausforderungen sei es heute wichtiger denn je, ein starkes und stabiles soziales Netz aufrechtzuerhalten.
Bund und Land schulden AWO Trägern am Niederrhein rund vier Millionen Euro
Integrationsarbeit auf Pump: Bund und Land schulden AWO Trägern am Niederrhein rund vier Millionen Euro
„Ob in Beratungsstellen für Jugendliche und Erwachsene, Integrationsagenturen, Antidiskriminierungsstellen oder der sozialen Beratung für Geflüchtete – wir leisten mit unseren Angeboten einen wichtigen Beitrag für gelingende Integration vor Ort und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“ berichtet Michael Rosellen (Vorstand beim AWO Bezirksverband Niederrhein) über die vielfältigen Angebote der AWO Migrationsfachdienste am Niederrhein.
„Gefördert werden die unterschiedlichen Integrationsangebote von Bund und Land, die durch spezielle Programme und Projekte Integration nicht dem Zufall überlassen wollen. Bund und Land eint zuletzt aber auch merkliche Verspätungen bei der Überarbeitung von Richtlinien, die Einführung von hohen bürokratischen Hürden bei der Antragsstellung sowie eine miserable Zahlungsmoral“ kritisiert der AWO Vorstand. Dies alles führt dazu, dass „mit Stand Oktober der Bund allein den AWO Trägern am Niederrhein für das Jahr 2024 rund zwei Millionen Euro schuldet. Das Land NRW steht bei den niederrheinischen AWO Trägern mit mehr als zwei Millionen Euro in der Kreide. Das sind vier Millionen, von denen die AWO Träger am Niederrhein bislang keinen Cent gesehen haben“, beanstandet Michael Rosellen.
„Integration ist uns wichtig. Als Arbeiterwohlfahrt bringen wir gerne unser Knowhow für gelingende Integration ein. Notfalls gehen wir für diese wichtige sozial-staatliche Leistung mit unseren Eigenmitteln in Vorleistung. Aber Bund und Land müssen endlich ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen und ihre Integrationsarbeit auf Pump bezahlen“, fordert der AWO Vorstand. „Denn das Geld, das wir als Eigenleistung eingebracht haben, fehlt uns Leistungserbringern an zahlreichen anderen Stellen und stellt viele Träger vor enorme finanzielle Herausforderungen“, appelliert Michael Rosellen an die öffentliche Hand, endlich die Gelder fließen zu lassen. Zudem müssen Bund und Land in Zukunft notwendige Novellierungen von Richtlinien rechtzeitig angehen, damit nicht bei jeder anstehenden Anpassung der Richtlinien die Träger der Migrationsfachdienste die finanziell leidtragenden sind.